- 1. Regelbedarf, Regelbedarfsstufen und Regelsatz – was ist das?
- 2. Wie werden die Regelbedarfe ermittelt?
- 3. Der Prozess der Regelbedarfsermittlung
- 4. Woran orientieren sich die Regelbedarfe?
- 5. Gut zu wissen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)
Regelbedarfe – und in diesem Zusammenhang auch Regelsätze – sind Bestandteil von Leistungen der sozialen Mindestsicherung.
Leistungen der sozialen Mindestsicherung sind:
- das Bürgergeld
- die Hilfe zum Lebensunterhalt und
- die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Diese Leistungen decken das im Grundgesetz verankerte lebensnotwendige Existenzminimum. Insofern handelt es sich bei den Regelbedarfen und den Regelsätzen auch nicht um willkürliche Beträge einer Regierung. Vielmehr sind die Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme so bemessen, dass die grundgesetzlichen Vorgaben berücksichtigt werden.
Das Verfahren zur Ermittlung und zur Fortschreibung der Regelbedarfe ist gesetzlich geregelt und entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Höhe der Regelbedarfe wird in einem aufwendigen statistischen Verfahren ermittelt. Dieses Verfahren wird im Folgenden erläutert. Außerdem werden häufig gestellte Fragen zur Ermittlung der Regelbedarfe beantwortet.
1. Regelbedarf, Regelbedarfsstufen und Regelsatz – was ist das?
Kurzinformation: Der Regelbedarf ist Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des existenznotwendigen Lebensunterhaltes. Er wird als monatliche Pauschale gezahlt.
1.1 Regelbedarf als Teil des lebensnotwendigen Bedarfs
Auf eine Kurzformel gebracht, bestehen die Bedarfe für den notwendigen Lebensunterhalt (Gesamtbedarf) aus folgenden Komponenten:
Der Regelbedarf ist also ein Bestandteil des lebensnotwendigen Bedarfs.
Über den Regelbedarf wird der notwendige Lebensunterhalt abgedeckt, der pauschalierbar ist, also pauschal berechnet werden kann.
Der Regelbedarf umfasst insbesondere
- Nahrungsmittel
- Kleidung
- Strom für Beleuchtung und Geräte
- Hausrat
- Körperpflege
- weitere Bedürfnisse des täglichen Lebens - darunter auch Bedarfe für soziale Teilhabe
Der Regelbedarf umfasst also den gesamten, für die Sicherung des Existenzminimums notwendigen, Lebensunterhalt.
Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag gezahlt. Neben regelmäßig anfallenden Bedarfen - unter anderem für Lebensmittel - sind auch unregelmäßig anfallende Bedarfe aus dem Regelbedarf zu finanzieren.
Der Regelbedarf umfasst das monatliche Budget mit monatlich laufenden Ausgaben wie Nahrung und Getränke, Hygiene, Mobilitätskosten, Abos und Unterhaltung. Auch weitere regelmäßige Ausgaben, die selten als monatlich ausfallen können, wie Frisör, Haushaltsführung, Putzmittel, Kino, PC-Zubehör und Verbrauchmaterial ist im monatlichen Budget inkludiert. Von den Rücklagen sollten die folgenden unregelmäßigen Ausgaben finanziert werden: Kleidung und Schuhe, Ausstattung und Instandsetzung der Wohnung und Ausflüge.
Beim Regelbedarf gibt es keine Vorgaben, wofür Leistungsberechtigte ihr Budget ausgeben. Sie können eigenverantwortlich über die Verwendung entscheiden und wie andere Haushalte auch für einzelne Bedarfe mehr Geld ausgeben, während sie bei anderen Bedarfen Kosten einsparen. Zudem fallen nicht alle im Regelbedarf berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben jeden Monat oder überhaupt an. Daraus entstehen finanzielle Spielräume.
Beispiel:
Personen, die ausschließlich ein Mobiltelefon nutzen und daher auf einen Festnetzanschluss für Telefon und Internet sowie PC oder Laptop verzichten. Für sie fallen die hierfür berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben nicht an und können anderweitig verwendet werden: Etwa für ein teureres Mobiltelefon und einen Vertrag mit hohem Datenvolumen oder stattdessen mehr Spielraum für ein Haustier, Schnittblumen oder bestimmte Hobbies.
1.2 Welche Regelbedarfsstufen gibt es?
Der Regelbedarf ist in sechs Regelbedarfsstufen (RBS) unterteilt, aus denen sich die im Einzelfall anzuerkennenden monatlichen Regelsätze ergeben.
Die für Erwachsene geltenden Regelbedarfsstufen (RBS 1 bis 3) unterscheiden danach, ob und mit wem die Leistungsbeziehenden in einem Haushalt leben.
Die Kinder und Jugendliche betreffenden Regelbedarfsstufen (RBS 4 bis 6) berücksichtigen hingegen altersbedingte Unterschiede.
RBS 1 | Alleinstehende oder alleinerziehende erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung oder Wohngemeinschaft leben |
RBS 2 | Erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben, Menschen mit Behinderungen, die in einer besonderen Wohnform leben |
RBS 3 | Erwachsene Leistungsberechtigte unter 25 Jahren im Haushalt der Eltern (SGB II), Erwachsene in einer stationären Einrichtung (SGB XII) |
RBS 4 | Jugendliche von 14 bis 17 Jahren |
RBS 5 | Kinder von 6 bis 13 Jahren |
RBS 6 | Kinder bis 5 Jahren |
Die Unterscheidung zwischen Erwachsenen auf der einen Seite sowie Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite hat folgenden Hintergrund:
Die Regelbedarfe von erwachsenen Personen werden auf Basis des Verbrauchs von Ein-Personenhaushalten im Niedrigeinkommensbereich ermittelt.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Kinder und Jugendliche bei der Bestimmung der Regelbedarfshöhe nicht als „kleine Erwachsene“ behandelt werden dürfen. Daher werden deren Regelbedarfe nicht (wie bis 2010) aus den Verbrauchsausgaben von erwachsenen Alleinstehenden abgeleitet. Stattdessen werden sie eigenständig auf Basis der Konsumausgaben von Haushalten, in denen Paare mit einem Kind leben, ermittelt.
Die auf ein Kind entfallenden Verbrauchsausgaben in den als Referenzhaushalte dienenden Familienhaushalten werden mittels Verteilungsschlüsseln berechnet. Dabei wird nach drei Altersgruppen der Kinder differenziert. Dementsprechend gibt es für jede der drei Altersgruppen unterschiedliche Familienhaushalte als Referenzhaushalte. Daraus wiederum ergeben sich drei Regelbedarfsstufen für Minderjährige.
1.3 Die Regelsätze
Der Begriff „Regelsatz“ stammt aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe).
Beim Regelsatz handelt es sich um die monatliche Pauschale, die den jeweiligen Regelbedarf der leistungsberechtigten Person decken soll. Diese Pauschale ist ein Budget, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden können.
Da es sich um ein eng begrenztes Budget handelt, ist es notwendig, damit vorausschauend zu wirtschaften und Prioritäten zu setzen. Denn es müssen damit sowohl
- regelmäßig anfallende Ausgaben (zum Beispiel für Nahrungsmittel und Getränke) als auch
- unregelmäßig anfallende Ausgaben (zum Beispiel für einen Kühlschrank, Winterkleidung oder ein Möbelstück)
finanziert werden.
Übrigens: Beim Bürgergeld (Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II–) wird nicht zwischen Regelbedarf und Regelsatz unterschieden. Hier steht der Begriff „Regelbedarf“
- für alle notwendigen Bedarfe für den Lebensunterhalt und
- den monatlichen pauschalierten Betrag für den Lebensunterhalt.
1.4 Welche zusätzlichen Bedarfe können neben dem Regelbedarf berücksichtigt werden?
1.4.1 Mehrbedarfe
Die Regelbedarfe berücksichtigen keine einzelfallbezogenen Konstellationen. Darum kommen unter bestimmten Voraussetzungen Mehrbedarfe in Betracht.
Mehrbedarfe stellen also im Einzelfall eine notwendige Ergänzung zu den Regelbedarfen dar. Sie werden anerkannt, wenn ein notwendiger Bedarf für den Lebensunterhalt zu Ausgaben führt, die durch die Regelbedarfe nicht oder nicht vollständig abgedeckt werden.
Es gibt mehrere Gründe, weshalb im konkreten Einzelfall eine Ergänzung des Regelbedarfs erforderlich sein kann. Deshalb gibt es auch unterschiedliche Mehrbedarfe:
- Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen
- Personen, die voll erwerbsgemindert sind und die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen
- werdende Mütter ab der 13. Schwangerschaftswoche
- Alleinerziehende
- Menschen mit Behinderungen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und Hilfen zur Schulbildung oder Hilfen zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung erhalten
- Personen, deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von den allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich höher sind
- Leistungsberechtigte, bei denen Warmwasser dezentral erzeugt wird; Schülerinnen und Schüler, denen Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften entstehen
- Leistungsberechtigte, bei denen Warmwasser dezentral erzeugt wird
- Schülerinnen und Schüler, denen Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften entstehen
- Leistungsberechtigte, bei denen im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann
In der Broschüre finden Sie ausführliche Informationen zu Mehrbedarfen.
Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
1.4.2 Einmalige Bedarfe
Die finanziellen Folgen von besonderen Ereignissen lassen sich nicht pauschal berechnen, denn sie kommen insgesamt nur selten vor und schlagen sich deshalb in den durchschnittlichen Verbrauchsausgaben kaum nieder. Für die betroffenen Menschen führen solche besonderen Lebenssituationen gleichwohl zu hohen Ausgaben. Deshalb gibt es in den folgenden drei besonderen Situationen einmalige Bedarfe, die zusätzlich zu den Regelbedarfen anerkannt werden:
- Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten
- Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt
- Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstung sowie Miete von therapeutischen Geräten
Diese Liste ist abschließend. Das heißt: Kosten, die beispielsweise für den Ersatz einer defekten Waschmaschine anfallen, müssen aus dem Regelsatz finanziert werden.
1.4.3 Abweichende Regelsatzfestsetzung
Leistungen der Sozialhilfe orientieren sich an den Besonderheiten des Einzelfalls. Aus diesem Grund müssen auch besondere Fallkonstellationen berücksichtigt werden. Daher wird in bestimmten Ausnahmefällen von der Pauschalierung abgewichen. Dies nennt man im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII -(Sozialhilfe) abweichende Regelsatzfestsetzung.
Der individuelle Regelsatz wird abweichend festgesetzt, wenn im Einzelfall für eine Dauer von mehr als einem Monat entweder
- der Bedarf nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist, was zu einer Verminderung des Regelsatzes führt, oder
- der Bedarf nachweisbar und begründbar aufgrund besonderer Umstände oberhalb des durchschnittlichen Bedarfes liegt und die damit verbundenen Mehrausgaben nicht anderweitig gedeckt werden können, was zu einer Erhöhung des Regelsatzes führt.
Im Bürgergeld gibt es eine entsprechende Regelung, wonach bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt wird, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.
1.4.4 Gibt es darüber hinaus in Einzel- oder Notfällen die Möglichkeit einer zusätzlichen Bedarfsdeckung?
Tatsächlich muss aus dem Regelbedarf regelmäßig Geld angespart werden, um außerplanmäßige Käufe tätigen zu können – beispielsweise eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank. In der Realität ist es jedoch nicht immer möglich, diesen Bedarf genau dann zu finanzieren, wenn er dringend gebraucht wird.
Darum gibt es sowohl im Sozialhilferecht als auch im Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende) die Möglichkeit, im begründeten Einzelfall ein Darlehen zu erhalten. Ein solches „Regelsatzdarlehen“ dient dazu, erforderliche, nicht aufschiebbare Ausgaben zu tätigen, die eigentlich durch Ansparen aus dem Regelbedarf zu finanzieren wären.
Ein Darlehen ist mit monatlichen Raten von bis zu 5 Prozent des Regelbedarfs zurückzuzahlen.
Beispiel:
Frau Wolters benötigt dringend eine neue Waschmaschine. Da ihre Ersparnisse nicht vollständig ausreichen und weder eine Finanzierung noch ein Kredit in Betracht kommen, bewilligt ihr das Sozialamt ein Darlehen.
Kaufpreis Waschmaschine | 399,00 Euro |
einzusetzende Ersparnisse | - 250,00 Euro |
offener Betrag | 149,00 Euro |
Das Darlehen über 149 Euro wird in monatlichen Raten von maximal 5 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 aus der laufenden Leistung einbehalten. Die monatliche Rate beträgt also maximal:
Regelbedarfsstufe 1 (Stand 1. Januar 2025) | 563,00 Euro |
5 Prozent von 563 Euro | 28,15 Euro |
Die Rückzahlung erfolgt über einen Zeitraum von sechs Monaten. In den ersten fünf Monaten werden jeweils 28,15 Euro einbehalten. Die Schlussrate im sechsten Monat beträgt 8,25 Euro.
5x 28,15 Euro = | 140,75 Euro |
1x 8,25 Euro = | 8,25 Euro |
Summe | 149,00 Euro |
2. Wie werden die Regelbedarfe ermittelt?
Kurzinformation: Bei den Regelbedarfen handelt es sich nicht um willkürliche Beträge einer Bundesregierung. Das Verfahren zur Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe ist gesetzlich festgelegt. Berechnungsgrundlage sind valide und überprüfbare Daten des Statistischen Bundesamtes.
2.1 Die Basis: Das Statistikmodell
Das Verfahren zur Ermittlung und zur Fortschreibung der Regelbedarfe ist gesetzlich geregelt. Gesetzliche Grundlage ist §§ 28 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Danach wird die Höhe der Regelbedarfe nach dem so genannten Statistikmodell bestimmt. Maßstab ist dabei das statistisch erfasste Ausgaben und Verbrauchsverhalten von Personen mit niedrigem Einkommen (Referenzgruppe).
Das zur Regelbedarfsermittlung angewandte Verfahren diente bereits für die zum 1. Januar 2011, zum 1. Januar 2017 und zum 1. Januar 2021 berechneten Regelbedarfe als Grundlage.
Übrigens: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das Verfahren zur Ermittlung der Regelbedarfe im Jahr 2014 als sachgerecht und verfassungskonform bestätigt.
2.1.1 Warum ist die Armutsrisikoquote nicht für die Ermittlung der Regelbedarfe geeignet?
Die Armutsrisikoquote ist eine statistische Rechengröße. Sie bezeichnet die Position eines Haushalts aufgrund dessen verfügbaren Einkommens innerhalb der Einkommensverteilung aller Haushalte.
Die Armutsrisikoquote kann jedoch tatsächliche Armut beziehungsweise Bedürftigkeit weder messen noch abbilden. Vielmehr zeigt sie aus statistischer Sicht, dass derjenige Haushalt einem Risiko der Einkommensarmut unterliegt, der ein Einkommen unterhalb eines bestimmten Mindestabstands zum Mittelwert der Gesellschaft hat. Die Armutsrisikoquote hängt auch maßgeblich von der zugrundeliegenden Datenbasis und von dem für die Berechnung zu unterstellenden Mindestabstand (50, 60 oder 70 Prozent des mittleren Einkommens) sowie bei Mehrpersonenhaushalten von der Gewichtung der Haushaltsmitglieder ab. Je nach Berechnungsmethodik oder auch Datenbasis ergibt sich daher eine andere Armutsrisikoquote. Deshalb ist die Armutsrisikoquote als statistischer Indikator der Einkommensverteilung nicht zur Bestimmung der Referenzhaushalte für die Regelbedarfsermittlung geeignet.
2.2 Wie wurden die Regelbedarfe in der Vergangenheit ermittelt?
Bis zum Jahr 1989 wurden die Leistungen der Sozialhilfe auf Grundlage des sogenannten „Warenkorbmodells“ bestimmt. Hier wurde festgelegt, welche Bedarfe an Ernährung, Bekleidung, Mobilität und so weiter die in Deutschland lebenden Menschen durchschnittlich haben. Dies bedeutete: Es musste für alle diese Bedarfe jeweils
- Art,
- Menge und Qualität der benötigten Güter und Dienstleistungen sowie
- der Preis
bestimmt werden.
Dabei musste eine Vielzahl an Entscheidungen getroffen werden, für die es keine objektiven Maßstäbe gab. Entsprechend umstritten waren die Ergebnisse und das Verfahren.
Deshalb wurde das Warenkorbmodell im Jahr 1989 durch das Statistikmodell abgelöst. Beim Statistikmodell bildet das tatsächliche und statistisch nachgewiesene Verbrauchsverhalten von Haushalten im unteren Einkommensbereich die Grundlage für die Bemessung der existenzsichernden Leistungen. Die hierbei angewendete Verfahrensweise wurde infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 grundlegend reformiert.
Seither erfolgt die Ermittlung der Regelbedarfe streng nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts: Die Ermittlung des Existenzminimums ist danach
- „aktuell“,
- „zeit und realitätsgerecht“,
- „auf der Grundlage verlässlicher Zahlen“ und
- mittels „schlüssiger Berechnungsverfahren“
durchzuführen.
Die Vorgehensweise zur Regelbedarfsermittlung wurde vom Bundesverfassungsgericht eingehend geprüft und in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) als verfassungsgemäß beurteilt.
2.2.1 Was sind die Schwächen des Warenkorbmodells gegenüber dem Statistikmodell?
Zentrale Kritikpunkte am Warenkorbmodell waren:
- die vollständig auf normativen Entscheidungen beruhende Auswahl der Güter und
- die Festlegung der dazugehörigen Verbrauchsmengen sowie
- deren preisliche Bewertung.
Diese Entscheidungen wurden als teilweise willkürlich und sachfremd empfunden, weil sie mangels objektiver Abgrenzungen nicht auf statistischen Grundlagen beruhten. Deshalb wurde 1989 aufgrund der bestehenden Kritik am Warenkorbmodell bei der Bemessung der Regelsätze das sogenannte „Statistikmodell“ eingeführt. Das Ziel dabei war,
- nicht das normativ festgelegte Verbraucherverhalten, sondern
- das tatsächliche und statistisch nachgewiesene Verbraucherverhalten von Haushalten im unteren Einkommensbereich
zur Grundlage der Bemessung des Existenzminimums zu machen.
Mit dem Statistikmodell untrennbar verbunden ist die Einkommens und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes. Diese dient als statistische Grundlage für die Ermittlung der das Existenzminimum abbildenden Verbrauchs ausgaben.
3. Der Prozess der Regelbedarfsermittlung
der Ergebnisse
im Gesetz
Bei der EVS führen mehr als 52.000 Haushalte in Deutschland drei Monate ein Haushaltsbuch.
Die ausgefüllten Haushaltsbücher werden vom Statistischen Bundesamt ausgewertet. Die Verbrauchsausgaben der einzelnen Haushalte werden in eine Datenbank übertragen.
Die Ergebnisse werden vom Statistischen Bundesamt auf die Bevölkerung hochgerechnet und standardisiert veröffentlicht.
Nun können die Sonderauswertungen für das BMAS erfolgen, die für die Berechnung der Regelbedarfe notwendig sind.
Was zeichnet die Sonderauswertungen aus?
- Die Sonderauswertungen konzentrieren sich auf die Verbrauchsausgaben von Haushalten mit niedrigem Einkommen, da sich das Existenzminimum an diesem Augabenniveau orientiert. Haushalte, die ausschließlich von SGB II- oder SGB XII-Leistungen sowie Leistungen anach dem Asylbewerberleistungsgesetz leben, werden dabei nicht berücksichtigt.
- Den unterschiedlichen Bedarfen von Erwachesenen und Kindern wird durch Auswertung des Konsums von Einzelpersonenhaushalten wie auch von Familienhaushalten mit Kindern verschiedener Altersgruppen Rechnung getragen.
Auf Basis der Sonderauswertung werden die für den Regelbedarf erforderlichen Ausgaben ermittelt. Dazu gehören z.B. Lebensmittel, Kleidung, Strom und Wohnungsausstattung.
Dazu gehören u.a. nicht: Haushaltshilfen, Pauschalreisen, Glücksspiel und Ausgaben, die durch andere Leistungen gedeckt sind (z.B. Miete, Heizung).
Der für das Jahr der EVS ermittelte Regelbedarf wird jährlich jeweils zum 1. Januar fortgeschrieben. Dies erfolgt ab 1. Januar 2023 in zwei Schritten:
Im ersten Schritt (sogenannte Basisfortschreibung) wird der Regelbedarf anhand der Entwicklung der für den Regelbedarf maßgeblichen Preise sowie der Nettolöhne und Nettogehälter fortgeschrieben. Der Vergleichszeitraum ist: Juli des Vorjahres bis Juni des vor dem Fortschreibungstermin liegenden Jahres.
Dieser Betrag wird in einem zweiten Schritt (sogenannte ergänzende Fortschreibung) zusätzlich anhand der aktuellsten Daten zur regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung fortgeschrieben. Dies ist jeweils das zweite Quartal des vor dem Fortschreibungstermin liegenden Jahres im Vergleich zum zweiten Quartal des Vorjahres.
Die Ergebnisse werden als Regelbedarfe im Gesetz festgeschrieben.
3.1 Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)
Ausgangspunkt der Regelbedarfsermittlung ist die durch das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre erhobene Einkommens und Verbrauchsstichprobe (EVS). Dabei handelt es sich um die größte Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Europa. Die Haushalte geben Auskunft über ihr Einkommen sowie Höhe und Zusammensetzung ihrer Konsumausgaben.
An der Befragung nehmen Haushalte aller sozialen Gruppierungen teil, so dass die EVS ein repräsentatives Bild der Lebenswirklichkeit nahezu der gesamten Bevölkerung in Deutschland darstellt.
Die befragten Haushalte nehmen freiwillig an der Umfrage teil und führen unter anderem jeweils drei Monate lang ein Haushaltsbuch, in das sie alle ihre Ausgaben eintragen. An der EVS des Jahres 2023 (EVS 2023) - der aktuellsten EVS - haben rund 80.000 Haushalte teilgenommen.
Die Befragungsergebnisse werden vom Statistischen Bundesamt ausgewertet und in der EVS-Statistik zusammengefasst. Sie enthält statistische Informationen über die Ausstattung von Haushalten mit Gebrauchsgütern, der Wohnsituation, der Einkommens, Vermögens und Schuldensituation sowie den Verbrauchsausgaben der Haushalte.
Übrigens: Liegen die Ergebnisse einer neuen EVS vor, ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Regelbedarfe neu zu ermitteln.
3.1.1 Wie werden die Regelbedarfe auf Grundlage der EVS konkret ermittelt?
1. Haushaltsbefragung und Haushaltsbuch
Alle teilnehmenden Haushalte machen zunächst in einem Haushaltsfragebogen allgemeine Angaben zur Haushaltszusammensetzung, der Wohnsituation sowie der Ausstattung mit bestimmten Gebrauchsgütern. Ebenfalls erfragt werden
- die Vermögenssituation des Haushalts,
- seine Einnahmen sowie
- die regelmäßig anfallenden Ausgaben.
Im Haushaltsbuch dokumentieren die Haushaltsmitglieder schließlich über einen Zeitraum von drei Monaten alle Ausgaben, die der Haushalt tätigt.
2. Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)
Die Angaben aller befragten Haushalte werden geprüft und zu einer Gesamtstatistik im Statistischen Bundesamt zusammengeführt.
Die Auswertung aller Angaben der befragten Haushalte durch das Statistische Bundesamt gibt Antworten darauf, wie viel Geld Familien, Alleinerziehenden, Paaren oder Singles zur Verfügung steht und wie hoch ihre Lebenshaltungskosten sind.
3. Veröffentlichung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)
Die Ergebnisse der Auswertung werden vom Statistischen Bundesamt auf die Bevölkerung hochgerechnet und standardisiert auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes veröffentlicht.
Übrigens: Wenn Sie wissen möchten, wie hoch Ihre Ausgaben im Verhältnis zum durchschnittlichen Haushalt in Deutschland sind, nutzen Sie einfach den interaktiven Konsumvergleich des Statistischen Bundesamts.
4. Sonderauswertungen für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
Sobald dem Statistischen Bundesamt die Ergebnisse einer neuen Einkommens und Verbrauchsstichprobe vorliegen, wird es vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit Sonderauswertungen beauftragt.
Die Sonderauswertungen konzentrieren sich auf die Verbrauchsausgaben von Haushalten mit niedrigem Einkommen, da sich das Existenzminimum an diesem Ausgabenniveau orientiert.
Außerdem wird unterschiedlichen Bedarfen von Erwachsenen und Kindern durch Auswertung des Konsums von Einzelpersonenhaushalten sowie von Familienhaushalten mit Kindern verschiedener Altersgruppen Rechnung getragen.
In diesem Zusammenhang auch wichtig:
Antworten auf die Fragen
- „Warum werden für das BMAS Sonderauswertungen vorgenommen?“,
- „Wie werden die Referenzgruppen konkret gebildet und abgegrenzt?“,
- „Werden sogenannte Aufstocker in den Referenzgruppen berücksichtigt?“ und
- „Wieso werden von »verdeckter Armut« betroffene Haushalte nicht aus den Referenzgruppen herausgenommen?“
5. Ausgabenermittlung
Auf Basis der Sonderauswertungen werden die für den Regelbedarf erforderlichen Ausgaben ermittelt. Dazu gehören z.B. Lebensmittel, Kleidung, Strom und Wohnungsausstattung.
In diesem Zusammenhang wichtig:
Antworten auf die Fragen
- „Welche Verbrauchsausgaben sind im Regelbedarf enthalten?“
- „Welche Verbrauchsausgaben werden bei den Regelbedarfen grundsätzlich nicht berücksichtigt?“
- „Welche Verbrauchsausgaben werden bei der Regelbedarfsermittlung nicht berücksichtigt, weil sie zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht notwendig sind?“
6. Fortschreibung der Regelbedarfe
Zwischen dem Abschluss der EVS und den jeweiligen Zeitpunkten bis
- die Daten der EVS veröffentlicht wurden,
- die Sonderauswertungen für das BMAS abgeschlossen sind,
- die Höhe der neuen Regelbedarfe bestimmt wurde und
- ein neues Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) in Kraft tritt,
vergeht ein längerer Zeitraum.
Das bedeutet:
Die aktuellen Regelbedarfe basieren auf dem im Jahr der letzten EVS erhobenen Verbrauchsverhalten und den entsprechenden Verbraucherpreisen. Verbraucherpreise und Konsumverhalten ändern sich jedoch im Zeitverlauf. Die für bei der letzten EVS ermittelten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben werden daher fortlaufend aktualisiert. Dies erfolgt mittels der sogenannten Fortschreibung. Fortschreibungstermin ist jeweils der 1. Januar eines Jahres.
Die Fortschreibung wird seit dem 1. Januar 2023 in zwei Schritten durchgeführt: Der Basisfortschreibung und der ergänzenden Fortschreibung.
Detailliertere Informationen finden Sie in der Antwort auf die Frage „Was passiert in den Jahren, in denen die Regelbedarfe nicht neu ermittelt werden?“.
7. Festschreibung im Gesetz
Die auf Basis einer aktuellen EVS neu ermittelten und bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens fortgeschriebenen Regelbedarfe werden im Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) festgeschrieben.
3.2 Warum wird die EVS nur alle fünf Jahre erhoben?
Der große zeitliche Abstand zwischen den einzelnen EVS erklärt sich daraus, dass es sich bei einer EVS um die größte statistische Erhebung von Einkommen, Einkommensverwendung und Vermögen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa handelt. Der damit verbundene Aufwand für Vorbereitung und Durchführung der Befragungen und die sich daran anschließende Auswertung der Ergebnisse erstreckt sich über mehrere Jahre.
3.3 Warum werden für das BMAS Sonderauswertungen vorgenommen?
Eine EVS bildet die Einkommens und Verbrauchssituation aller privaten Haushalte in Deutschland ab. Für die Ermittlung von Regelbedarfen bedarf es allerdings der Festlegung einer Komponente für Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums. Daher erfolgt die Regelbedarfsermittlung ausschließlich anhand der Verbrauchsausgaben von einkommensschwachen Haushalten.
Aus diesem Grund nimmt das Statistische Bundesamt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Sonderauswertungen zur EVS vor, die allein die Verbrauchsausgaben von Haushalten im unteren Einkommensbereich - grundsätzlich ausgehend von den unteren 20 Prozent -erfassen. Diese Haushalte nennt man Referenzhaushalte.
Die Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Maßstab für die Regelbedarfsermittlung.
Weil Kinder und Jugendliche andere Bedarfe haben als Erwachsene sind jeweils unterschiedliche Datengrundlagen erforderlich:
- Für die Regelbedarfe Erwachsener sind Einpersonenhaushalte im unteren Einkommensbereich maßgeblich,
- für die Minderjährigen hingegen Familienhaushalte im unteren Einkommensbereich, in denen Paare mit einem Kind leben.
Die Unterscheidung zwischen Erwachsenen auf der einen Seite sowie Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite hat folgenden Hintergrund:
Die Regelbedarfe von erwachsenen Personen werden auf Basis des Verbrauchs von Einpersonenhaushalten im Niedrigeinkommensbereich ermittelt.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Kinder und Jugendliche bei der Bestimmung der Regelbedarfshöhe nicht als „kleine Erwachsene“ behandelt werden dürfen. Daher werden deren Regelbedarfe nicht (wie bis 2010) aus den Verbrauchsausgaben von erwachsenen Alleinstehenden abgeleitet. Sondern eigenständig auf Basis der Konsumausgaben von Haushalten, in denen Paare mit einem Kind leben.
Die auf ein Kind entfallenden Verbrauchsausgaben der als Referenzhaushalte dienenden Familienhaushalte werden mittels Verteilungsschlüsseln berechnet. Dabei wird nach drei Altersgruppen der Kinder differenziert. Daher gibt es für jede der drei Altersgruppen unterschiedliche Familienhaushalte als Referenzhaushalte. Daraus wiederum ergeben sich drei Regelbedarfsstufen für Minderjährige.
Folgende Haushaltstypen unterschieden:
- Alleinlebende (sogenannte Einpersonenhaushalte),
- Paare mit einem Kind (sogenannte Familienhaushalte) bis 5 Jahre,
- Familienhaushalte mit einem Kind von 6 bis 13 Jahren,
- Familienhaushalte mit einem Kind von 14 bis 17 Jahren.
3.4 Wie werden die Referenzgruppen konkret gebildet und abgegrenzt?
Die Haushalte einer EVS werden nach aufsteigendem (Netto-) Einkommen sortiert. Das hat folgenden Hintergrund:
In den Referenzgruppen sollen nur Haushalte mit niedrigem Einkommen vertreten sein, da für die Regelbedarfe die Lebensverhältnisse einkommensschwacher Haushalte zugrunde zu legen sind.
Wichtig zu wissen:
Bei der Ermittlung der Regelbedarfe werden grundsätzlich nur die unteren rund 20 Prozent der nach dem Nettoeinkommen sortierten Haushalte betrachtet.Wären in den Referenzgruppe auch Haushalte in höheren Einkommensbereichen enthalten, bestünde die Gefahr, dass die Leistungsberechtigten im Ergebnis über ein höheres Einkommen verfügen würden als Personen, die im unteren Einkommenssegment für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen.
Eine weitere Bedingung für die Referenzgruppen liegt darin, dass darin keine Haushalte vertreten sein dürfen, die selbst ausschließlich von den Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme und dem Asylbewerberleistungsgesetz leben. Ansonsten würden die Verbrauchsausgaben von Personen zugrunde gelegt werden, für die die Regelbedarfe ermittelt werden. Damit soll erreicht werden, dass leistungsbeziehende Haushalte mit einkommensschwachen Haushalten ohne Leistungsbezug gleichgestellt werden.
Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der auszuschließenden Haushalte ergeben sich daraus bei den Alleinstehenden (Einpersonenhaushalte) die unteren 15 Prozent, bei den Paaren mit Kind (Familienhaushalte) die unteren 20 Prozent für die Referenzgruppenbildung. Im Ergebnis bleibt es jedoch dabei, dass die Konsumausgaben der unteren rund 20 Prozent der Einpersonen und Familienhaushalte für die Ermittlung der Regelbedarfe zu Grunde gelegt werden.
Die Infografik "Referenzgruppe zur Ermittlung der Regelbedarfe" illustriert den Anteil verschiedener Haushaltstypen in Bezug auf die Regelbedarfsermittlung. Sie visualisiert Haushalte anhand ihrer Nettoeinkommen in ESV-Gesamthaushalten:
- Einpersonen-Haushalte: 20,6%
- Familienhaushalte mit Kindern unter 6 Jahren: 20,7%
- Familienhaushalte mit Kindern zwischen 6 und unter 14 Jahren: 20,5%
- Familienhaushalte mit Kindern zwischen 14 und unter 18 Jahren: 21,1%
3.5 Werden so genannte „Aufstocker“ in den Referenzgruppen berücksichtigt?
Wichtig zu wissen:
Als „Aufstocker“ werden Personen bezeichnet, deren Einkommen nicht für den Lebensunterhalt ausreicht. Sie erhalten daher zusätzlich aufstockende Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme.In der Regel werden Aufstocker aus den Referenzgruppen herausgenommen.
Allein Aufstocker, die Erwerbseinkommen erzielen, werden nicht aus den Referenzgruppen herausgenommen.
Der Grund dafür: Sie erhalten Freibeträge auf ihr Erwerbseinkommen.
Dies bedeutet, dass nicht das gesamte Erwerbseinkommen auf die Höhe der aufstockenden Leistungen angerechnet wird. Durch die Anrechnungsfreiheit eines Teils des Erwerbseinkommens erreichen diese Haushalte ein höheres Einkommens und Konsumniveau als Haushalte, die ausschließlich über Transferleistungen ohne anderweitiges Einkommen verfügen.
3.6 Wieso werden von „verdeckter Armut“ betroffene Haushalte nicht aus den Referenzgruppen herausgenommen?
Personen, die ihnen eigentlich zustehende Grundsicherungsleistungen nicht in Anspruch nehmen, werden „verdeckt“ oder „verschämt“ Arme genannt. Diese Personen werden auch deshalb so bezeichnet, weil sie statistisch nicht erfasst und auch nicht mit statistischen Methoden identifiziert werden können.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat ein Gutachten für Simulationsrechnungen in Auftrag gegeben, das die verdeckt Armen auf Basis der EVS identifizieren sollte. Die durchgeführten Berechnungen wiesen allerdings einen sehr hohen Grad an Unsicherheit auf.
Das Bundesverfassungsgericht fordert zwar den Ausschluss dieser Personen aus den Referenzgruppen, führt aber auch aus, dass dies nicht zwingend erforderlich ist, wenn dazu keine empirisch sichere Grundlage vorhanden ist. Zudem ergaben die Simulationsrechnungen: Die als verdeckt arm bestimmten Haushalte hatten nahezu identische Konsumausgaben wie die übrigen Haushalte der Referenzgruppen. Verdeckt arme Haushalte haben daher aller Wahrscheinlichkeit nach keine verzerrenden Auswirkungen auf den regelbedarfsrelevanten Konsum und damit auf die Höhe der Regelbedarfe.
3.7 Was passiert in den Jahren, in denen die Regelbedarfe nicht neu ermittelt werden?
Wenn in einem Kalenderjahr keine neuen Ergebnisse einer Einkommens und Verbrauchsstichprobe vorliegen – es also keine neue Ermittlung von Regelbedarfen gibt – werden die Regelbedarfe jährlich zum 1. Januar anhand der regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung und der Nettoentgeltentwicklung fortgeschrieben.
Die Fortschreibung wird seit dem 1. Januar 2023 in zwei Schritten durchgeführt:
- Schritt: Basisfortschreibung
- Schritt: Ergänzende Fortschreibung
3.7.1 Basisfortschreibung
Im ersten Schritt wird der Regelbedarf auf Grundlage eines Mischindexes fortgeschrieben.
Der Mischindex berücksichtigt sowohl,
- wie sich die Preise für regelbedarfsrelevante Güter entwickeln und
- wie sich die Nettolöhne und Gehälter der Beschäftigten im Bundesdurchschnitt entwickeln.
Die Auswahl der beiden Vergleichsgrößen erklärt sich daraus, dass
- die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen, deren Verbrauchsausgaben in den Regelbedarfen auftauchen, als Maßstab dafür gilt, was an Kaufkraft aus den Regelbedarfen erhalten bleibt und
- die Entwicklung der Nettolöhne als Maßstab für die Entwicklung der verfügbaren Einkommen in Deutschland gilt.
Gewinnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch steigende Löhne und Gehälter an Kaufkraft, wirkt sich dies auch auf die Höhe der Regelbedarfe aus. Weil der Erhalt der Kaufkraft im Vordergrund steht, hat die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung mit einem Anteil am Mischindex von 70 Prozent ein deutlich höheres Gewicht für den Mischindex als die Entwicklung von Löhnen und Gehältern mit einem Anteil von 30 Prozent.
Der Mischindex berücksichtigt zu 70 Prozent die bundesdurchschnittliche Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise und zu 30 Prozent die durchschnittliche Entwicklung der Nettolöhne und Nettogehälter je Beschäftigten.
Der Mischindex berücksichtigt Veränderungen vom 1. Juli des Vorvorjahres bis zum 30. Juni des vor der Fortschreibung liegenden Jahres gegenüber dem Jahr davor.
Beispiel:
Basisfortschreibung zum 1. Januar 2025
Verglichen wurde
der Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024
mit
dem Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023.
3.7.2 Ergänzende Fortschreibung
Mit der ergänzenden Fortschreibung wird der aktuell verfügbaren Preisentwicklung Rechnung getragen. Dabei werden die Ergebnisse aus der Basisfortschreibung zusätzlich anhand der durchschnittlichen Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorjahres fortgeschrieben. Die Veränderungsrate wird ebenfalls vom Statistischen Bundesamt ermittelt. Der auf volle Euro gerundete Endbetrag ergibt die jeweils geltenden Regelbedarfsstufen.
Beispiel
Ergänzende Fortschreibung zum 1. Januar 2025
Verglichen wurde
der Zeitraum vom 1. April 2024 bis zum 30. Juni 2024
mit
dem Zeitraum vom 1. April 2023 bis zum 30. Juni 2023
3.7.3 Wie hoch fällt die Fortschreibung zum 1. Januar 2025 aus?
Der gesetzlich festgelegte Fortschreibungsmechanismus führt zum 1. Januar 2025 zu keiner Veränderung der Regelbedarfshöhen. Dies ergibt sich wie folgt:
Ausgangspunkt ist das Ergebnis der Basisfortschreibung zum 1. Januar 2024. Dies sind für alleinlebende, volljährige Personen mit der Regelbedarfsstufe 1 (RBS) 511,95 Euro, nicht aber der in 2024 geltende Betrag von 563 Euro. Die Differenz von gut 51 Euro entfällt auf die ergänzende Fortschreibung zum 1. Januar 2024. Auf den Betrag von 511,95 Euro ist bei der Fortschreibung zum 1. Januar 2025 die Basisfortschreibung mit dem Mischindex anzuwenden. Die Basisfortschreibung erfolgt mit 4,6 Prozent. Der sich aus der Basisfortschreibung ergebende Betrag von 535,50 Euro ist dann mit der ergänzenden Fortschreibung fortzuschreiben. Aufgrund sehr niedriger Preisanstiege im zweiten Quartal 2024 beträgt die ergänzende Fortschreibung 0,7 Prozent. Rechnerisch ergibt sich so für die RBS 1 ein Wert von 539 Euro, also weniger als der seit dem 1. Januar 2024 geltende Betrag von 563 Euro. Aufgrund des gesetzlichen Besitzschutzes bleiben die Regelbedarfe daher zum 1. Januar 2025 gegenüber 2024 unverändert - für die RBS 1 gelten die 563 Euro auch für 2025.
Die folgende Grafik veranschaulicht den Fortschreibungsmechanismus. Die Säulenhöhen repräsentieren die jeweiligen Zahlbeträge der Regelbedarfsstufe 1 in den Jahren 2023, 2024 und 2025. Der blaue Teil der Balken zeigt jeweils die Startwerte für die Fortschreibung. Die Summe aus blauem und grünen Teil zeigt das Ergebnis der (Basis-) Fortschreibung mittels Mischindex. In der ergänzenden Fortschreibung wird der gelbe Teil des Balkens addiert.
3.7.4 Warum werden die Regelbedarfe nicht gesenkt?
Sind - wie bei der Fortschreibung zum 1. Januar 2025 - die sich aus Basis- und ergänzender Fortschreibung ergebenden Eurobeträge niedriger als die geltenden Eurobeträge, greift ein gesetzlich festgelegter Besitzschutz. Er schafft Verlässlichkeit und Kontinuität für die Leistungsbeziehenden. Zum Ausgleich werden Besitzschutzbeträge mit nachfolgenden Fortschreibungen verrechnet. Höhere Regelbedarfe ergeben sich damit erst dann, wenn sich durch eine zukünftige Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.
3.7.5 Warum gibt es zum 1. Januar 2025 eine Nullrunde?
Das hängt mit der nach einer hohen Inflation wieder auf ein normales Maß sinkenden Preisentwicklung zusammen. Die nachstehende Grafik zeigt die monatlichen Preissteigerungsraten und welche Daten gemäß den gesetzlichen Vorgaben für die letzten Fortschreibungen verwendet wurden (Juli eines Jahres bis zum Juni des darauffolgenden Jahres).
Im Rahmen der Fortschreibung zum 1. Januar 2024 waren sehr hohe Veränderungsraten der regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung zu berücksichtigen, da die Inflation von Anfang 2022 bis Mitte 2023 historisch hoch war. Ursache waren insbesondere sehr hohe Preissteigerungsraten bei Lebensmitteln, die sich in einigen Monaten um über 20 Prozent verteuerten. Auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Strom oder im Nahverkehr, gab es sehr starke Preissteigerungen. Für die Anpassung wird ausschließlich die Preisentwicklung der Güter und Dienstleistungen zugrunde gelegt, die für die Höhe der Regelbedarfe relevant sind.
Dass sich die Preisentwicklung ab dem zweiten Halbjahr 2023 wieder deutlich abflachte, konnte nicht berücksichtigt werden, da diese Werte nach dem gesetzlich vorgegebenen Berechnungszeitraum lagen. Auch aus formalen Gründen wären solche Änderungen nicht möglich:
Der Bundesrat muss dem Entwurf der Verordnung zustimmen. Der eingebrachte Entwurf kann inhaltlich nicht mehr geändert werden. Die ausführenden Sozialleistungsträger wiederum benötigen einen zeitlichen Vorlauf für die verwaltungstechnische Umsetzung. Deshalb muss die Höhe der Fortschreibung bereits bis Ende August oder Anfang September des Vorjahres festgesetzt werden.
3.7.6 Sind die Regelbedarfe zu hoch?
Nein. Ermittlung und Fortschreibung der Regelbedarfe erfolgen weder willkürlich noch nach finanzieller Verfügbarkeit, sondern basieren auf einem transparenten, gesetzlich vorgegebenen Verfahren. Insbesondere muss die Berechnung der Fortschreibung auf statistischen Daten beruhen. Bei solchen Daten handelt es sich stets um Vergangenheitswerte. Ein Jahr später einen Vergleich der tatsächlichen Preisentwicklung mit der bei der Fortschreibung verwendeten Preisentwicklung vorzunehmen und daraus auf eine "korrekte" Höhe der Regelbedarfe zu schließen, ist deshalb unseriös. Die später tatsächlich eingetretene Preisentwicklung kann nicht der Maßstab für die Güte der Fortschreibung sein. Dies würde jede Formel überfordern und in jedem Jahr zu Regelbedarfen führen, die entweder zu hoch oder zu niedrig sind.
Die historisch hohen Inflationsraten waren eine Ausnahmesituation auf die die Anpassungsformel "richtig" reagiert hat. Wäre die Fortschreibung zu niedrig angesetzt worden, wäre die Sicherung der Kaufkraft bis zum 31.12.2024 nicht möglich gewesen. Eine stärkere Gewichtung der Preisentwicklung war erforderlich, da insbesondere bei Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums deren realer Wert gesichert werden muss. Der bestehende Fortschreibungsmechanismus hat sich also bewährt, indem er selbst in der Phase extremer Inflation die Kaufkraft zur Sicherung des Existenzminimums gewährleistete.
Die gesetzlich verankerte Fortschreibung basiert zudem darauf, dass keine kurzfristigen Reaktionen auf schwankende Inflationsraten möglich sind. Der gesetzlich verankerte Besitzschutz ist die Konsequenz daraus. Und er sorgt für Verlässlichkeit und Stabilität beim Erhalt des menschenwürdigen Existenzminimums für Leistungsbeziehende in Deutschland. Andererseits ist der Besitzschutz aber auch zwingend damit verknüpft, dass künftige Fortschreibungen erst dann zu Erhöhungen der Regelbedarfe führen, wenn der Besitzschutzbetrag abgeschmolzen ist.
3.8 Die Ermittlung der Regelbedarfe ist verfassungskonform
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Methode zur Ermittlung der Regelbedarfe sowie deren jährliche Fortschreibung eingehend geprüft. Es hat diese als verfassungsgemäß beurteilt (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Juli 2014, Az.: 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Im Ergebnis besteht kein Entscheidungsspielraum in Bezug auf die gesetzlich vorgegebene Berechnung und Fortschreibung der Regelbedarfe und damit auch nicht für die Höhe der Regelsätze.
Dies soll aber nicht heißen, dass die Bundesregierung die Situation von Menschen mit niedrigem Einkommen nicht weiter im Blick behält. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beobachtet und bewertet die Rahmenbedingungen, die Einfluss auf die Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme haben, sehr genau. Dies gilt auch für die Preisentwicklung, insbesondere bei wichtigen Gütern und Dienstleistungen wie Haushaltsstrom.
Ausschließlich auf die jährliche Fortschreibung kann sich die Bundesregierung deshalb nicht verlassen. Wenn angesichts wirtschaftlicher oder sonstiger Veränderungen die Gefahr einer mehr als nur geringfügigen Kaufkraftverminderung herausstellt, dann muss geprüft werden, ob und wie darauf zu reagieren ist.
3.9 Inwieweit wird das Lohnabstandsgebot bei der Regelbedarfsermittlung berücksichtigt?
Wichtig zu wissen:
Grundsätzlich muss gelten, dass der Bezug von existenzsichernden Leistungen nicht attraktiver sein kann, als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Dennoch existiert kein gesetzliches Lohnabstandsgebot.
Der Gesetzgeber hat aber ungeachtet dessen durchaus im Blick, ob das Einkommen aus existenzsichernden Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme das Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Mindestlohnbereich erreicht.Die Höhe der Regelbedarfe ist so bemessen, dass die grundgesetzlichen Vorgaben berücksichtigt werden. Vor allem ist die gesetzliche Vorgabe einzuhalten, dass sich die Höhe der Regelbedarfe am Lebensstandard einkommensschwacher Haushalte zu orientieren hat. Es ist also grundsätzlich nicht möglich, Leistungen für den Lebensunterhalt zu gewähren, die unterhalb des im Grundgesetz garantierten Existenzminimums liegen.
Insofern kann es für den Gesetzgeber keine Zielvorgabe darstellen, einen sogenannten Lohnabstand zu gewährleisten.
Verfassungsrechtlich nicht zulässig wäre es insbesondere, eine korrekt ermittelte Höhe der Regelbedarfe zur Einhaltung eines Lohnabstands nach unten zu korrigieren.
In der Vergangenheit hat es auf gesetzlicher Grundlage ein Lohnabstandsgebot im SGB XII gegeben. Es wurde als Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 zu den Regelsätzen zum 1. Januar 2011 gestrichen.
4. Woran orientieren sich die Regelbedarfe?
Kurzinformation: Zur Ermittlung des Regelbedarfs werden alle durchschnittlichen Ausgaben von einkommensschwachen Haushalten berücksichtigt, sofern diese Ausgaben zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich sind. Verbrauchsausgaben die bereits anderweitig gedeckt werden oder für das Existenzminimum nicht zwingend erforderlich sind, werden nicht im Regelbedarf berücksichtigt.
4.1 Welche Verbrauchsausgaben sind im Regelbedarf enthalten?
Der Regelbedarf umfasst insbesondere
- Nahrungsmittel
- Kleidung
- Strom für Beleuchtung und Geräte
- Hausrat
- Körperpflege
- weitere Bedürfnisse des täglichen Lebens - darunter auch Bedarfe für soziale Teilhabe
Der Regelbedarf umfasst also den gesamten, für die Sicherung des Existenzminimums notwendigen, Lebensunterhalt.
4.2 Welche Verbrauchsausgaben werden bei den Regelbedarfen grundsätzlich nicht berücksichtigt?
Bei der Regelbedarfsermittlung werden keine Verbrauchsausgaben berücksichtigt, die bereits anderweitig gedeckt werden. Dies gilt für
- die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung
- den Rundfunkbeitrag (wegen Beitragsbefreiung)
- bei Schülerinnen und Schülern für Leistungen, die aufgrund des Bildungs und Teilhabepakets gewährt werden und in der entsprechenden Abgrenzung der Einkommens und Verbrauchsstichprobe vorliegen,
-
Ausgaben für Haushaltshilfen, weil es hierfür sofern dies aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist, um den Haushalt weiterzuführen beziehungsweise in der bisherigen Wohnung bleiben zu können einen eigenständigen Bedarf gibt.
4.3 Welche Verbrauchsausgaben werden bei der Regelbedarfsermittlung nicht berücksichtigt, weil sie zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht notwendig sind?
Nicht alle Ausgabepositionen, die in der Einkommens und Verbrauchsstichprobe erhoben werden, sind zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums tatsächlich notwendig. Der Gesetzgeber hat daher die Entscheidung getroffen, bestimmte durchschnittliche Verbrauchsausgaben der Referenzgruppen nicht als existenznotwendig zu berücksichtigen.
Dazu gehören:
- Gesundheitsgefährdende legale Drogen oder Genussgifte wie
- Alkoholische Getränke (etwa Spirituosen, Bier und Wein), wobei die für Bier und Wein konsumierte Flüssigkeitsmenge durch Mineralwasser ersetzt wird, oder
- Tabak
- Nutzung eines Kraftfahrzeugs (Kfz), weil Besitz und Nutzung eines Kfz nicht als existenznotwendig angesehen wird.
Für ein zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit genutztes Fahrzeug gibt es im SGB II Absetzbeträge (Werbungskosten) - Pauschalreisen und Flugtickets, weil längere Reisen beziehungsweise Fernreisen als nicht existenznotwendig angesehen werden
- Schnittblumen und Zimmerpflanzen
- Glücksspiele
- Haustiere
Wichtig zu wissen:
Der Regelbedarf enthält keine Vorgaben, wofür Leistungsberechtigte ihr Budget ausgeben. Sie können eigenverantwortlich über die Verwendung der Leistungen entscheiden und wie andere Haushalte auch für einzelne Bedarfe mehr Geld ausgeben, während sie bei anderen Bedarfen Kosten einsparen. Zudem fallen nicht alle im Regelbedarf berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben jeden Monat oder überhaupt an. Daraus entstehen finanzielle Spielräume.Beispiel:
Personen, die ausschließlich ein Mobiltelefon nutzen und daher auf einen Festnetzanschluss für Telefon und Internet sowie PC oder Laptop verzichten. Für sie fallen die hierfür berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben nicht an und können anderweitig verwendet werden. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass man sich ein teureres Mobiltelefon und einen Vertrag mit hohem Datenvolumen leistet oder stattdessen seinen finanziellen Spielraum für ein Haustier, Schnittblumen oder bestimmte Hobbies verwendet.
4.4 Welche Beträge wurden für die einzelnen Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte berücksichtigt?
Die Summe der auf Grundlage der EVS für das Jahr 2018 ermittelten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte beträgt insgesamt 434,96 Euro. Die ermittelten durchschnittlichen Einzelverbrauchsausgaben der Referenzhaushalte pro Monat können der folgenden Tabelle entnommen werden, wobei die Bezeichnungen der Abteilungen denen der EVS entsprechen und nicht alle Verbrauchsausgaben im Regelbedarf berücksichtigt wurden (zum Beispiel Tabak oder Wohnungsmieten):
Abteilung | Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte | Ausgabe |
Abteilung 1 und 2 | Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren | 150,93 Euro |
Abteilung 3 | Bekleidung und Schuhe | 36,09 Euro |
Abteilung 4 | Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung | 36,87 Euro |
Abteilung 5 | Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung | 26,49 Euro |
Abteilung 6 | Gesundheitspflege | 16,60 Euro |
Abteilung 7 | Verkehr | 39,01 Euro |
Abteilung 8 | Post und Telekommunikation | 38,89 Euro |
Abteilung 9 | Freizeit, Unterhaltung und Kultur | 42,44 Euro |
Abteilung 10 | Bildungswesen | 1,57 Euro |
Abteilung 11 | Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 11,36 Euro |
Abteilung 12 | Andere Waren und Dienstleistungen | 34,71 Euro |
Verbrauchsausgaben insgesamt | 434,96 Euro |
Wichtig zu wissen: Die letzte EVS wurde im Jahr 2023 durchgeführt. Sobald deren Ergebnisse vorliegen, sind die Regelbedarfe neu zu ermitteln.
4.5 Welche Beträge wurden für die einzelnen Verbrauchsausgaben bei Kindern und Jugendlichen berücksichtigt?
Die auf Grundlage der EVS für das Jahr 2018 ermittelten durchschnittlichen Einzelverbrauchsausgaben von Kindern und Jugendlichen können den folgenden Tabellen entnommen werden, wobei die Bezeichnungen der Abteilungen denen der EVS entsprechen und nicht alle Verbrauchsausgaben im Regelbedarf berücksichtigt wurden (zum Beispiel Tabak oder Wohnungsmieten):
Durchschnittliche Einzelverbrauchsausgaben von Kindern bis 5 Jahre pro Monat
Abteilung | Verbrauchsausgaben Kinder bis 5 Jahre | Ausgaben |
Abteilung 1 und 2 | Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren | 90,52 Euro |
Abteilung 3 | Bekleidung und Schuhe | 44,15 Euro |
Abteilung 4 | Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung | 8,63 Euro |
Abteilung 5 | Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung | 15,83 Euro |
Abteilung 6 | Gesundheitspflege | 8,06 Euro |
Abteilung 7 | Verkehr | 25,39 Euro |
Abteilung 8 | Post und Telekommunikation | 24,14 Euro |
Abteilung 9 | Freizeit, Unterhaltung und Kultur | 44,16 Euro |
Abteilung 10 | Bildungswesen | 1,49 Euro |
Abteilung 11 | Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 3,11 Euro |
Abteilung 12 | Andere Waren und Dienstleistungen | 10,37 Euro |
Verbrauchsausgaben insgesamt | 275,85 Euro |
Durchschnittliche Einzelverbrauchsausgaben von Kindern von 6 bis 13 Jahren pro Monat
Abteilung | Verbrauchsausgaben Kinder von 6 bis 13 Jahren | Ausgaben |
Abteilung 1 und 2 | Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren | 118,02 Euro |
Abteilung 3 | Bekleidung und Schuhe | 36,49 Euro |
Abteilung 4 | Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung | 13,90 Euro |
Abteilung 5 | Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung | 12,89 Euro |
Abteilung 6 | Gesundheitspflege | 7,94 Euro |
Abteilung 7 | Verkehr | 23,99 Euro |
Abteilung 8 | Post und Telekommunikation | 26,10 Euro |
Abteilung 9 | Freizeit, Unterhaltung und Kultur | 43,13 Euro |
Abteilung 10 | Bildungswesen | 1,56 Euro |
Abteilung 11 | Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 6,81 Euro |
Abteilung 12 | Andere Waren und Dienstleistungen | 10,34 Euro |
Verbrauchsausgaben insgesamt | 301,17 Euro |
Durchschnittliche Einzelverbrauchsausgaben von Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren pro Monat
Abteilung | Verbrauchsausgaben Kinder von 6 bis 13 Jahren | Ausgaben |
Abteilung 1 und 2 | Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren | 160,38 Euro |
Abteilung 3 | Bekleidung und Schuhe | 43,38 Euro |
Abteilung 4 | Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung | 19,73 Euro |
Abteilung 5 | Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung | 16,59 Euro |
Abteilung 6 | Gesundheitspflege | 10,73 Euro |
Abteilung 7 | Verkehr | 22,92 Euro |
Abteilung 8 | Post und Telekommunikation | 26,05 Euro |
Abteilung 9 | Freizeit, Unterhaltung und Kultur | 38,19 Euro |
Abteilung 10 | Bildungswesen | 0,64 Euro |
Abteilung 11 | Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 10,26 Euro |
Abteilung 12 | Andere Waren und Dienstleistungen | 14,60 Euro |
Verbrauchsausgaben insgesamt | 363,47 Euro |
Wichtig zu wissen: Die letzte EVS wurde im Jahr 2023 durchgeführt. Sobald deren Ergebnisse vorliegen, sind die Regelbedarfe neu zu ermitteln.
5. Gut zu wissen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)
5.1 Wie hoch sind die aktuellen Regelbedarfe?
Die aktuellen Regelbedarfe nach der jeweiligen Regelbedarfsstufe können dieser Tabelle entnommen werden. Die aktuellen Beträge für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf können dieser Tabelle entnommen werden.
5.2 Wann werden die Regelbedarfe für das nächste Jahr bestimmt?
Sobald die aktuellen Zahlen zur Preis- und Lohnentwicklung vorliegen (jeweils etwa Ende August), werden die Regelbedarfe zum kommenden 1. Januar fortgeschrieben.
5.3 Wann werden die Regelbedarfe auf Grundlage der EVS 2023 neu ermittelt?
Es gibt kein gesetzliches Umsetzungsdatum für die Ergebnisse der EVS. Die letzte EVS wurde vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt.
Sobald die Ergebnisse der Auswertungen und der Sonderauswertungen der EVS vorliegen, werden Regelbedarfe neu zu ermittelt. Voraussichtlich werden die Ergebnisse im Laufe des Jahres 2025 vorliegen.
5.4 Wie setzt sich der aktuelle Regelbedarf zusammen?
Die im Regelbedarf berücksichtigten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben beruhen auf den durchschnittlichen Preisen und durchschnittlichen Verbrauchsmengen im Erhebungsjahr der jeweiligen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Aktuell sind noch die Ergebnisse der EVS aus dem Jahr 2018 maßgeblich.
Wichtig zu wissen:
Für die Regelbedarfe von Bedeutung sind nicht die einzelnen durchschnittlichen Verbrauchsausgaben.Maßgeblich ist allein der sich aus allen einzelnen regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben ergebende Summenwert als monatliches Gesamtbudget im Jahr der Erhebung (zuletzt 2018).
Die Einzelbeträge für bestimmte Ausgaben geben ausschließlich das Ausgabenverhalten im Erhebungsjahr wieder. Also für welche Zwecke jeweils in welcher Höhe sogenannte Referenzhaushalte Verbrauchsausgaben angegeben haben. Weil es sich dabei um statistisch ermittelte Durchschnittswerte handelt, sind keine Rückschlüsse auf individuelles Ausgabenverhalten möglich.
Stattdessen dienen die einzelnen Verbrauchsausgaben einer EVS ausschließlich der Ermittlung eines Monatsbudgets. Aus diesen Gründen sagt die Höhe der einzelnen regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen aus dem Erhebungsjahr einer EVS nichts darüber aus, wie viel die Leistungsberechtigten individuell für welche Verwendungszwecke ausgeben „dürfen“, „können“ oder „müssen“.
Dieser Sachverhalt wird durch die jährliche Fortschreibung noch verstärkt. Um Preisentwicklungen ab dem Erhebungsjahr zu berücksichtigen, wird der Regelbedarf jährlich bis zur nächsten Neuermittlung der Regelbedarfe fortgeschrieben. Das geschieht auf Grundlage des Mischindex:
Der Mischindex berücksichtigt zu 70 Prozent die bundesdurchschnittliche Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise und zu 30 Prozent die durchschnittliche Entwicklung der Nettolöhne und Nettogehälter je Beschäftigten.
Wichtig zu wissen:
Es werden nicht die einzelnen Verbrauchsausgaben jeweils getrennt fortgeschrieben, sondern das monatliche Budget.In der Folge kann zwar eine Aussage über die betragsmäßige Aufstellung von Positionen im Erhebungsjahr der EVS gemacht werden; Rückschlüsse auf die Höhe von Einzelpositionen zum aktuellen Zeitpunkt (also beispielsweise im Jahr 2024) sind aufgrund der Fortschreibung indes nicht mehr möglich.
Wichtig zu wissen:
In Veröffentlichungen und Internetforen verbreitete Teilbeträge für einzelne regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben im Jahr 2024 stammen nicht vom BMAS. Das BMAS lehnt deren Verwendung strikt ab, denn diese sind unbrauchbar und irreführend.Dies erklärt sich neben den oben genannten systematischen Gründen auch aus der jeweiligen „Berechnung“ fortgeschriebener Werte. Die prozentuale Höhe der jeweiligen Fortschreibungen kann dafür nicht verwendet werden.
Der für die Fortschreibung maßgebliche Mischindex setzt sich - wie oben dargestellt - aus
- der Veränderungsrate des regelbedarfsrelevanten Preisindexes (also aller berücksichtigten Güter und Dienstleistungen) und
- der Entwicklung der verfügbaren Entgelte zusammen.
Mit der Entwicklung der verfügbaren Entgelte wird neben der Preisentwicklung auch die Wohlstandsentwicklung ergänzend einbezogen. Beide Veränderungsraten sind nicht auf einzelne Verbrauchsausgaben anwendbar. Werden die Einzelbeträge mit für deren Fortschreibung untauglichen Veränderungsraten fortgeschrieben, ist zwangsläufig auch das Ergebnis dieser Pseudo-Fortschreibung untauglich.
5.5 Warum sind die Regelsätze beim Bürgergeld so hoch? Lohnt es sich überhaupt noch zu arbeiten?
Der Staat ist aufgrund des Sozialstaatsprinzips verpflichtet, das soziokulturelle Existenzminimum von Menschen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, durch Sozialleistungen zu sichern. Hierfür gibt es
- die lebensunterhaltssichernden Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und
- das Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Das Bürgergeld gewährleistet das Existenzminimum von erwerbsfähigen Personen, die ihren Lebensunterhalt trotz Nutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht selbst bestreiten können. Darunter fallen auch viele Leistungsberechtigte, die
- einer Erwerbstätigkeit nachgehen,
- deren Einkommen jedoch weiterhin nicht ausreicht und
- deshalb Unterstützung benötigen.
Die Höhe des Bürgergelds ist - ebenso wie die übrigen Leistungen der sozialen Mindestsicherung - so bemessen, dass die grundgesetzlichen Vorgaben berücksichtigt werden. Deshalb ist es nicht möglich, Leistungen für den Lebensunterhalt zu gewähren, die unterhalb des im Grundgesetz garantierten Existenzminimums liegen.
Dementsprechend ist auch eine regelmäßige Anpassung der Regelbedarfe verfassungsmäßig geboten und berücksichtigt gleichermaßen Inflation und Lohnentwicklung. Die Höhe der Regelbedarfe indes zur Einhaltung eines Lohnabstands nicht regelmäßig anzupassen beziehungsweise gar willkürlich nach unten zu korrigieren, wäre verfassungswidrig.
Das Bürgergeld wird allerdings nicht bedingungslos gewährt.
Ziel des Bürgergeldes ist es, die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu stärken, um soweit wie möglich ihren Lebensunterhalt unabhängig von Sozialleistungen aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können.
Neben der finanziellen Absicherung ist es deshalb ebenso wichtig, dass die Betroffenen wieder Arbeit finden. Durch geeignete unterstützende Maßnahmen wird in den Jobcentern darauf hingewirkt, dass Leistungsberechtigte eine möglichst umfangreiche Beschäftigung aufnehmen, damit sie perspektivisch nicht mehr auf Sozialleistungen angewiesen sind. Die Leistungsberechtigten sind verpflichtet, daran mitzuwirken. Anderenfalls haben diese Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger mit Minderungen der Geldleistungen zu rechnen.
Wichtig zu wissen:
Seit Ende März 2024 kann Personen, die sich willentlich und grundlos weigern, eine ihnen konkret angebotene, zumutbare Arbeit anzunehmen, vorübergehend für bis zu zwei Monate der Regelbedarf im Bürgergeld komplett entzogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie schon zuvor einmal gegen ihre Pflicht zur Aufnahme einer Arbeit verstoßen oder ihr Arbeitsverhältnis grundlos gekündigt haben.
Denn wer sich beharrlich weigert mitzuwirken, kann sich nicht auf die Solidarität der Allgemeinheit berufen.In den Medien werden häufig Rechnungen verbreitet, nach denen Beschäftigte gegenüber den Leistungsbeziehenden finanziell gleich oder schlechter gestellt seien. Diese Vergleichsrechnungen sind oftmals fehlerhaft. Oftmals werden dem Bürgergeld vorrangige Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag nicht berücksichtigt. Auch staatliche Entlastungen, wie Steuersenkungen oder Einmalzahlungen bleiben außer Betracht.
Sofern Menschen das Bürgergeld ergänzend zu ihrem Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen, stehen ihnen zudem Freibeträge zu, die sich nicht mindernd auf die Leistungen auswirken. Insgesamt führen all diese Leistungen und Regelungen dazu, dass diejenigen, die arbeiten, am Ende des Monats immer mehr Geld zur Verfügung haben als diejenigen, die ausschließlich Bürgergeld beziehen.
Beispiel 1:
Herr Peters ist alleinerziehender Vater von zwei Kindern - Lena, 11 und Max, 13 Jahre alt und bezieht Bürgergeld. Dieses Einkommen steht Familie Peters monatlich zur Verfügung:
Bedarf | €/ Monat |
RBS 1 für Herrn Peters | 563,00 |
RBS 5 für Lena und Max (2x 390,00 €) | 780,00 |
Sofortzuschlag (2x 25,00 €)* | 50,00 |
Mehrbedarf Alleinerziehende | 202,68 |
Miete / Heizung | 830,00 |
Summe Bedarf | 2.415,68 |
Einkommen | |
Kindergeld | - 500,00 |
Leistung | 1.925,68 |
* Der Sofortzuschlag beträgt ab 1.Januar 2025 25 Euro (statt bisher 20 Euro)
Herr Peters stehen für sich und seine Kinder monatlich 1.925,68 Euro Bürgergeld sowie das Kindergeld zur Verfügung.
Beispiel 2:
Frau Deniz lebt mit ihren Kindern Derya und Davud (12 und 13 Jahre alt) allein. Sie ist berufstätig und erhält für ihre Arbeit den gesetzlichen Mindestlohn.
Dieses Einkommen steht Familie Deniz monatlich zur Verfügung:
Einkünfte | € /Monat |
Gehalt (Mindestlohn) netto | 1.555,00 |
Wohngeld | 382,00 |
Kindergeld | 500,00 |
Kinderzuschlag | 575,00 |
Summe Einkünfte | 3.012,00 |
5.6 Warum ist mein Regelbedarf nicht höher, obwohl einzelne im Regelbedarf enthaltene Positionen für meinen tatsächlichen Bedarf nicht ausreichend sind?
Wichtig zu wissen:
Bei den Regelbedarfen handelt es sich nicht um eine Vielzahl von Einzelbeträgen, die jeweils einzeln zur Finanzierung des damit verbundenen Verwendungswecks ausreichend sein müssen.Vielmehr ist der Regelbedarf ein pauschaliertes monatliches Budget, dem durchschnittliche Verbrauchsausgaben zugrunde liegen, die
- nicht zwingend bei allen Leistungsberechtigten und
- auch nicht jeden Monat in konstanter Höhe auftreten.
Denn die jeweiligen Verbrauchsgewohnheiten sind sehr unterschiedlich. Insofern lässt die Höhe einzelner berücksichtigter Verbrauchsausgaben keine Rückschlüsse darauf zu, ob daraus im Falle des Auftretens eines entsprechenden Bedarfs die entstehenden Kosten gedeckt werden können. Im Ergebnis ist allein von Bedeutung, ob das ermittelte Budget insgesamt dafür ausreicht, bei wirtschaftlichem Verhalten die vom Gesetzgeber als existenznotwendig angesehenen Bedarfe decken zu können.
Die eigenverantwortliche Budgetplanung ergibt sich auch aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Danach ist den Leistungsberechtigten ein Konsumniveau zu ermöglichen, das vergleichbar mit Haushalten im unteren Einkommensbereich ist, die ohne Fürsorgeleistungen ihren Lebensunterhalt finanzieren. Dies bedeutet auch, dass die Leistungsbeziehenden eigenverantwortlich und selbstbestimmt über den Einsatz bzw. die Verwendung der Geldleistungen entscheiden können und müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat es deshalb als zumutbar angesehen, dass ein höherer Bedarf in einem Lebensbereich mit niedrigeren Ausgaben in einem anderen auszugleichen ist.
5.7 Warum sind die Regelbedarfe nicht höher? Auch die Sozialverbände fordern höhere Regelbedarfe.
Deutschland bekennt sich im Grundgesetz dazu, dass jeder Mensch ein Recht auf ein menschenwürdiges Dasein einschließlich einer angemessenen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hat. Man spricht hierbei vom soziokulturellen oder menschenwürdigen Existenzminimum. Die Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme gewährleisten dieses soziokulturelle Existenzminimum. Und das spiegelt sich in den Regelbedarfen der sozialen Mindestsicherungssysteme wider.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dem Verfahren zur Ermittlung und Fortschreibung der Regelbedarfe wiederholt eingehend befasst - zuletzt mit Beschluss vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Es hat das Verfahren zur Regelbedarfsermittlung und damit letztlich die Höhe der Regelbedarfe als verfassungsgemäß angesehen und als geeignet, das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern. Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht eindeutige Vorgaben zur Regelbedarfsermittlung festgelegt. An diese Vorgaben ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesgesetzgeber gebunden.
Unabhängig dieser eindeutigen Rechtslage fordern insbesondere Sozialverbände eine Änderung der Vorgehensweise bei der Regelbedarfsermittlung mit dem Ziel einer weitreichenden Erhöhung der Regelbedarfe. Beides lässt sich objektiv und verfassungsrechtlich jedoch nicht begründen.
5.8 Warum gibt es keine höheren Regelbedarfe für Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben?
Dass bei den Regelbedarfen kein Unterschied gemacht wird zwischen
- Hilfebedürftigen, die viele Jahre gearbeitet, aber trotzdem keine ausreichende finanzielle Versorgung im Alter oder bei Erwerbsminderung haben, und
- anderen Hilfebedürftigen
hat folgenden Hintergrund:
Im Grundgesetz (GG) ist das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert. Maßgeblich sind hier Artikel 1 Absatz 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 GG.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sollen die Regelbedarfe diejenigen materiellen Voraussetzungen sichern, die für die „physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.“ (Urteil vom 9. Februar 2010, - 1 BvL 1/09 -, Leitsatz 1). Insofern ist aus verfassungsrechtlicher Sicht allein das sogenannte menschenwürdige Existenzminimum zu sichern.
Wichtig zu wissen:
Verfassungsrechtlich gibt es nur ein menschenwürdiges Existenzminimum. Deshalb unterscheidet das Grundgesetz auch nicht nach den jeweiligen Ursachen für den Hilfebedarf.Insofern unterscheiden sich die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von Renten aus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Denn die Höhe der Renten richtet sich vor allem nach der Anzahl der Arbeitsjahre und der versicherten Entgelte.
Anders als in der Gesetzlichen Rentenversicherung müssen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung keine versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Denn es handelt sich um eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung zur Existenzsicherung. Es geht also allein um den nachweisbaren unausweichlich erforderlichen Bedarf.
Für langjährig versicherte Rentnerinnen und Rentner mit Grundrentenzeiten gibt es in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aber einen zusätzlichen Freibetrag für das zu berücksichtigende Einkommen.
5.8.1 Warum sind die Regelbedarfe beim Bürgergeld und der Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gleich hoch? Wer Bürgergeld bezieht, ist schließlich noch erwerbsfähig.
Im Grundgesetz (GG) ist das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert. Es garantiert die finanziellen Möglichkeiten, die bei sparsamem Haushalten
- für den notwendigen Lebensunterhalt und
- für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.
Man spricht hier auch vom soziokulturellen Existenzminimum. Die
- Hilfe zum Lebensunterhalt,
- die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und
- das Bürgergeld
dienen gleichermaßen der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Hier gilt:
Es gibt nur ein menschenwürdiges Existenzminimum und das Grundgesetz unterscheidet nicht nach den jeweiligen Ursachen für den Hilfebedarf.
IAuf existenzsichernde Leistungen angewiesene Menschen werden deshalb durch die weitgehend gleich ausgestalteten gesetzlichen Vorschriften (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Bürgergeld - und Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe -) für die Lebensunterhaltsbedarfe gleichbehandelt. Über die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums hinausgehende Leistungen sind innerhalb der sozialen Mindestsicherung ausgeschlossen.
Wer allerdings erwerbsfähig ist, wird bei Bürgergeldbezug angehalten, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Hier gilt der Grundsatz von Fördern und Fordern. Das bedeutet: Die Leistungsberechtigten müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Bei Personen, die sich nicht aktiv um eine Arbeit bemühen oder Termine beim Jobcenter unentschuldigt versäumen, kann die Höhe des Bürgergelds deutlich vermindert werden. Nähere Informationen finden Sie hier.
5.9 Warum müssen immer mehr Menschen die Angebote der Tafel nutzen?
Wichtig zu wissen:
Die Nutzung von Tafeln ist für die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums weder vorgesehen, noch erforderlich.Sowohl
- das Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als auch
- die Sozialhilfeleistungen - Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII)
sichern bei finanzieller Hilfebedürftigkeit den gesamten notwendigen Lebensunterhalt. Hierfür gibt es den pauschalierten Regelbedarf. Dieser ist so bemessen, dass Leistungsberechtigte mit diesem Budget alle Ausgaben für ihren notwendigen Lebensunterhalt - insbesondere für Ernährung (Nahrungsmittel und Getränke) - finanzieren können.
Auf die kostenlosen oder stark verbilligten Angebote von Tafeln wie auch von Suppenküchen besteht im Unterschied zu den staatlichen Sozialleistungen kein Rechtsanspruch. Vielmehr helfen die Tafeln vorrangig dabei, dass Nahrung nicht verschwendet wird und tragen somit zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz bei. Neben diesem Aspekt werden Menschen durch die Verteilung der Lebensmittelspenden allerdings auch beim Kauf von Lebensmitteln finanziell entlastet, die mit einem sehr niedrigen Einkommen auskommen müssen.
Tafeln sind somit ein ergänzendes, karitatives Angebot der Zivilgesellschaft für Menschen mit finanziellen Problemen. Dabei ist unbestreitbar, dass die ergänzende Nutzung von Tafelangeboten es den Leistungsberechtigten der sozialen Mindestsicherungssysteme ermöglicht, ihre finanziellen Handlungsspielräume zu erweitern. Dies ist nicht nur legitim, es zeigt auch rationales Verhalten der Leistungsberechtigten. Jeden Euro, den sie beim Lebensmitteleinkauf sowie Essenszubereitung einsparen, steht für andere Bedürfnisse zur Verfügung. Das verfügbare monatliche Budget wird folglich erhöht, es entstehen zusätzliche finanzielle Handlungsmöglichkeiten.
5.10 Wird die Inflation bei der Festlegung des Regelbedarfs berücksichtigt?
Bis zur nächsten Neuermittlung der Regelbedarfe anhand einer neuen EVS werden die Regelbedarfe jährlich zum 1. Januar anhand der regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung und der Nettoentgeltentwicklung fortgeschrieben. Die Fortschreibung gewährleistet, dass die Kaufkraft der Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben bis zur nächsten Regelbedarfsermittlung konstant bleibt.
Der Fortschreibungsmechanismus wurde mit der Einführung des Bürgergeldes weiterentwickelt. Ihm liegt seit dem 1. Januar 2023 ein zweistufiges Verfahren zugrunde.
Erste Stufe (Basisfortschreibung):
Hier wird ein Mischindex von
- 70 Prozent die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
- zu 30 Prozent die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter
zugrunde gelegt.
Dieser Mischindex berücksichtigt den Zeitraum
vom 1. Juli des Vorjahres | bis | 30. Juni des von der Fortschreibung liegenden Jahres |
gegenüber dem Jahr davor.
Für die Basisfortschreibung zum 1. Januar 2025 wurden somit die durchschnittlichen Veränderungsraten der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und der Nettolöhne und -gehälter im
vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024
verglichen mit dem davorliegenden Zeitraum
Vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023
Das Ergebnis der Basisfortschreibung in der Regelbedarfsstufe 1 zum 1. Januar 2025 betrug 535,50 Euro.
Zweite Stufe (Ergänzende Fortschreibung):
Hier wird die aktuelle Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen im zweiten Quartal des vor der Fortschreibung liegenden Jahres gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorvorjahres berücksichtigt.
Für die ergänzende Fortschreibung zum 1. Januar 2025 wurde der Zeitraum
vom 1. April 2024 bis 30. Juni 2024
verglichen mit dem davorliegenden Zeitraum
vom 1. April 2023 bis 30. Juni 2023
Im Ergebnis ergab sich durch die ergänzende Fortschreibung für die Regelbedarfsstufe 1 ein Regelbedarf von insgesamt 563 Euro.
Im Ergebnis ergab sich durch die ergänzende Fortschreibung für die Regelbedarfsstufe 1 ein Regelbedarf von insgesamt 539 Euro.
Aufgrund sehr niedriger Preisanstiege im zweiten Quartal 2024 beträgt die ergänzende Fortschreibung weniger als der seit dem 1. Januar 2024 geltende Betrag von 563 Euro.
Aufgrund des gesetzlichen Besitzschutzes bleiben die Regelbedarfe daher zum 1. Januar 2025 gegenüber 2024 unverändert - für die RBS 1 gelten die 563 Euro auch für 2025.
5.12 Weshalb unterscheidet sich die Erhöhung des Kindergeldes von der jeweiligen Erhöhung der Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche?
Eine Erhöhung der Regelbedarfsstufen beziehungsweise Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche entsprechend der Erhöhung des Kindergeldes ist mit der Regelbedarfsermittlung und -fortschreibung nicht vereinbar und deshalb nicht vorgesehen. Dies hat mehrere Gründe.
Zu berücksichtigen ist dabei vor allem, dass die Regelbedarfsstufen beziehungsweise Regelbedarfe nach dem Alter der Kinder gestaffelt sind, weil sich der zu deckende Bedarf in Abhängigkeit vom Alter erhöht. Ferner wird das Kindergeld in unregelmäßigen Abständen aus familienpolitischen Erwägungen erhöht, was in der Vergangenheit teilweise zu mehrjährigen Abständen zwischen zwei Erhöhungen geführt hat.
Die Regelbedarfe werden hingegen regelmäßig auf Grundlage von rechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Grundsätzen zur Gewährleistung eines Teils des soziokulturellen Existenzminimums entweder neu festgesetzt oder fortgeschrieben.
Folglich hat der Gesetzgeber beim Kindergeld wesentlich mehr Entscheidungsspielräume über zeitliche Abstände und Ausmaß der Erhöhung des Kindergeldes als bei Neufestsetzung und Fortschreibung der Regelbedarfe.
Vor diesem Hintergrund ist ein Vergleich zwischen einer familienpolitisch begründeten und unregelmäßigen Erhöhung des Kindergeldes und der jeweils zum 1. Januar eines Jahres verfassungsrechtlich zwingenden Neufestsetzung oder Fortschreibung der Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche nicht möglich. Allgemein kann jedoch festgestellt werden, dass im Zeitverlauf die einzelnen Beträge der Regelbedarfsstufen für Kinder und Jugendliche deutlich mehr gestiegen sind als das Kindergeld.
5.11 Kann es bei der Fortschreibung passieren, dass die Regelbedarfe nicht erhöht werden oder sinken?
Die Regelbedarfe werden jeweils zum 1. Januar fortgeschrieben beziehungsweise angepasst. Gesetzlich festgeschrieben sind zwei Fortschreibungsschritte, die maßgeblich die relevante Preis- und Lohnentwicklung berücksichtigen. In den Jahren 2023 und 2024 führte dies zu vergleichsweise hohen Fortschreibungen.
Wichtig zu wissen:
Es ist nicht ausgeschlossen, dass kommende Fortschreibungen zu geringen Erhöhungen der Regelbedarfe oder zu einer rechnerischen Stagnation der Regelbedarfe führen.
Eine Minderung der Regelbedarfe ist hingegen nicht zulässig.
Denn § 28a SGB XII bildet eine Besitzstandsregelung. Wenn sich also im Ergebnis der beiden Fortschreibungsschritte ein niedriger Regelbedarf ergibt, gilt der Betrag des Regelbedarfs aus dem Vorjahr weiter.
Grundlage für die Fortschreibung der Regelbedarfe ist die Basisfortschreibung. Fortgeschrieben wird also nicht der aktuelle Regelbedarf, sondern das Ergebnis der letzten Basisfortschreibung.
War die letzte ergänzende Fortschreibung aufgrund einer hohen Inflation relativ hoch, bedeutet dies, dass dieser Betrag in der nächsten Fortschreibung mit den beiden Fortschreibungsschritten rechnerisch mindestens kompensiert werden muss, um höhere Regelbedarfe zu erzielen.
Am Beispiel der Regelbedarfsstufe 1 erklärt:
1) Basisfortschreibung (Mischindex):
- Das Ergebnis der Basisfortschreibung in der Regelbedarfsstufe 1 zum 1. Januar 2024 betrug 511,95 Euro.
- Zum 1. Januar 2025 wird nicht der für das Jahr 2024 geltende Regelbedarf von 563 Euro fortgeschrieben, sondern der Betrag aus der Basisfortschreibung zum 1. Januar 2024. Also 511,95 Euro.
- Auf den Betrag von 511,95 Euro ist bei der Fortschreibung zum 1. Januar 2025 die Basisfortschreibung mit dem Mischindex anzuwenden.
2) Ergänzende Fortschreibung:
Die sich aus der Basisfortschreibung ergebenden ungerundeten Beträge sind dann mit der ergänzenden Fortschreibung fortzuschreiben. Die sich ergebenden Euro-Beträge werden gerundet und bilden die für das Fortschreibungsjahr geltenden Regelbedarfsstufen.
Führt die Fortschreibung rechnerisch zu sinkenden Regelbedarfen, gelten die bisherigen Beträge weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Beträge ergeben.
5.13 Weshalb werden Ausgaben für Besuche im Café oder Restaurants nicht berücksichtigt?
Eine auswärtige Verpflegung wird nicht als unmittelbar existenznotwendig angesehen. Es wird davon ausgegangen, dass Mahlzeiten in Restaurants oder Gaststätten für die Gewährung des soziokulturellen Existenzminimums nicht erforderlich sind. Damit wird unterstellt, dass die Mahlzeiten in einkommensschwachen Haushalten zuhause zubereitet werden. Folglich sind die für außerhäusliche Ernährung nachgewiesenen durchschnittlichen Verbrauchsausgaben nicht regelbedarfsrelevant.
Weil die außerhäusige Ernährung aber die häusliche Ernährung ersetzt, werden diese Ausgaben zu rund einem Drittel bei der Ermittlung der Regelbedarfe berücksichtigt. Dies entspricht dem Warenwert der beim Besuch von Restaurants, Gaststätten usw. konsumierten Lebensmittel und Getränke.
5.14 Wie wird der Mobilitätsbedarf im Regelbedarf berücksichtigt?
Bei leistungsberechtigten Personen wird davon ausgegangen, dass der Mobilitätsbedarf durch Nutzung von Fahrrädern (Verbrauchsausgaben für Kauf, Ersatzteile, Wartung und bzw. oder Reparatur) sowie der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) beziehungsweise von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln in Form des Schienenverkehrs gedeckt wird. Die hierfür ermittelten Ausgaben werden daher vollständig als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben berücksichtigt.
Die Verbrauchsausgaben für Kfz und Motorrad sowie deren Nutzung sind hingegen nicht existenzsichernd und werden daher nicht als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Gleiches gilt für den Urlaubsreiseverkehr und entsprechende Ausgaben für den Luftverkehr.
Grundlage für die regelbedarfsrelevanten Mobilitätsausgaben sind die Verbrauchsausgaben von denjenigen Haushalten, die in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe keine Ausgaben für Kraftstoffe und Schmiermittel angegeben haben und damit kein Kfz nutzen. Weil der Teil der Haushalte in der Referenzgruppe, die ein Kfz nutzen, keine oder nur sehr geringe Ausgaben für ÖPNV, Schienenverkehr und Fahrräder hat, senkt dies den sich in der festgesetzten Abgrenzung ergebenden Durchschnittsbetrag für Mobilität. Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom Juli 2014 kritisiert. Deshalb wurden im Regelbedarfsermittlungsgesetz 2017 - und entsprechend auch im Entwurf für das Regelbedarfsermittlungsgesetz 2021 - die durchschnittlichen Mobilitätsausgaben der Haushalte ohne Kfz für alle Haushalte übernommen. Konkret bedeutet das, dass der Durchschnittsbetrag so errechnet wird, als ob es keine Haushalte mit Kfz geben würde. Der Durchschnittsbetrag erhöht sich dadurch.
Sofern im ländlichen Raum nur ein eingeschränktes Angebot an ÖPNV vorhanden ist, sind davon alle auf dem Land wohnenden Bürger gleichermaßen betroffen, nicht nur Beziehende von Sozialleistungen. Durch die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II und SGB XII können nur die bundesdurchschnittlichen Verhältnisse abgebildet werden. Örtliche oder regionale Defizite in der Infrastruktur können nicht ausgeglichen werden.
Wichtig zu wissen:
Wenn Leistungsberechtigte nach dem SGB II einen Kfz für die Erwerbsarbeit benötigen, können diese Kosten als Werbungskosten vom anzurechnenden Einkommen abgezogen werden.Bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII ist die Berücksichtigung eines Kfz generell nicht vorgesehen, da eine Erwerbstätigkeit aufgrund der Leistungsvoraussetzung „volle Erwerbsminderung“ oder „Alter“ in der Regel nicht zu erwarten ist.
Bei Kindern und Jugendlichen wird zusätzlich zu den im Regelbedarf enthaltenen Bedarfen für den ÖPNV ein Teil des Mobilitätsbedarfs im Rahmen der Bedarfe für die Schülerbeförderung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket gedeckt. Darüber hinaus besteht zudem im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets die Möglichkeit, die ÖPNV-Nutzung für Freizeit- oder Bildungszwecke zu finanzieren.
5.15 Warum muss mit dem Regelbedarf auch Strom bezahlt werden?
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich wiederholt mit der Frage beschäftigt, ob die Aufwendungen für Haushaltsstrom aus dem Regelbedarf herausgelöst und in tatsächlicher Höhe an die Leistungsberechtigten gezahlt werden können. Hier gab und gibt es aus den verschiedensten Bereichen Argumente für und gegen eine solche Lösung. Denn bei einer Herauslösung der in den Regelbedarfen enthaltenen Stromkosten wird das zur Verfügung gestellte monatliche Budget deutlich vermindert. Zusätzlich stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Höhe der Stromkosten als eigenständiger Bedarf berücksichtigt werden soll.
5.16 Wie soll man mit der Pauschale, welche pro Tag für Nahrungsmittel im Regelbedarf vorgesehen ist, auskommen?
Wichtig zu wissen:
Es gibt weder im Sozialhilferecht noch beim Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende) eine spezielle monatliche Pauschale für Nahrungsmittel oder für andere Verwendungszwecke.Solche Pauschalen für einzelne Verwendungszwecke ergeben sich auch nicht aus den der Regelbedarfsermittlung zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte. Denn für die Gegenwart haben die im Rahmen der Regelbedarfsermittlung jeweils berücksichtigten Beträge für einzelne Verbrauchausgaben aus den Sonderauswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018 keine Bedeutung mehr.
Hinweis:
Die Funktion der Ermittlung von durchschnittlichen Verbrauchsausgaben pro Monat liegt allein in der Berechnungsgrundlage für das zu ermittelnde monatliche Gesamtbudget im Jahr der Erhebung, das heißt zuletzt für 2018.Zwangsläufig führt die Zusammenrechnung einzelner Durchschnittsbeträge von Verbrauchsausgaben sogenannter Referenzhaushalte für Güter und Dienstleistungen unterschiedlichster Art dazu, dass im konkreten Einzelfall für den einzelnen Verwendungszweck nicht oder vor allem nicht in der berücksichtigten Höhe konsumiert bzw. genutzt wird. Die Höhe der einzelnen regelbedarfsrelevanten Ausgabepositionen sagt daher nichts darüber aus, wie viel die Leistungsberechtigten individuell für welche Verwendungszwecke ausgeben.
So folgt aus den in die Höhe der Regelbedarfe beispielsweise eingehenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben für Ernährung nicht, wie viel die Grundleistungsbeziehenden für Essen und Trinken ausgeben „dürfen“, „können“ oder „müssen“. Man kommt deshalb bei jedem konkreten Verwendungszweck bei der Gegenüberstellung von realen Ausgaben und den berücksichtigten durchschnittlichen Ausgaben zu dem Ergebnis: Es reicht nicht aus.
Vergessen wird dabei, dass die Verbrauchsgewohnheiten sehr unterschiedlich sind und vor allem auch nicht alle berücksichtigen durchschnittlichen Verbrauchsausgaben in jedem Monat anfallen. Deshalb ist allein von Bedeutung, ob das ermittelte Budget insgesamt dafür ausreicht, bei wirtschaftlichem Verhalten die vom Gesetzgeber als existenznotwendig angesehenen Bedarfe decken zu können.
Um Preisentwicklungen ab dem Erhebungsjahr zu berücksichtigen, wird der Regelbedarf jährlich anhand der Preisentwicklung aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen sowie ergänzend der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter fortgeschrieben (siehe Frage: „Was passiert in den Jahren, in denen die Regelbedarfe nicht neu ermittelt werden?“). Es werden also nicht die einzelnen Verbrauchsausgaben jeweils getrennt fortgeschrieben, sondern das monatliche Budget. Deshalb ist ein Rückschluss auf die Höhe von Einzelpositionen im Regelbedarf in den Jahren nach Durchführung einer EVS nicht mehr möglich.
Zudem stellen die sich aus einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ergebenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben eine Art von Momentaufnahme dar. Die Ergebnisse für einzelne Verbrauchsausgaben geben die Verhältnisse des Erhebungsjahres - vorliegend dem Jahr 2018 - wieder. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich - unabhängig von der jeweils ergebenden Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben - in den auf das Erhebungsjahr einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe folgenden Jahren die gleiche Zusammensetzung der Verbrauchsausgaben ergeben würde.
Zusammensetzung und Struktur von Verbrauchsausgaben ändern sich im Zeitverlauf, weil sich Verbrauchsgewohnheiten und die allgemeinen Lebensbedingungen verändern. Dies hat vielfache Ursachen, unter anderem tragen dazu auch Preisveränderungen bei. Werden für den Lebensunterhalt aus individueller Sicht notwendige Güter oder Dienstleistungen teurer und werden diese Preiserhöhungen nicht vollständig durch Erhöhungen von Einkünften (also durch Erhöhungen des zur Verfügung stehenden Budgets) ausgeglichen - was als Regelfall zu unterstellen ist - dann reagieren die Verbraucher mit einer Reduzierung des Verbrauchs dieser Güter und Dienstleistungen. Wenn dies aber nicht oder nur teilweise möglich ist, müssen Einsparungen an anderer Stelle vorgenommen werden, um mit dem verfügbaren monatlichen Budget auszukommen. Dies führt zwangsläufig zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Verbrauchsausgaben.
Daher können und müssen die Leistungsberechtigten der sozialen Mindestsicherung - wie andere Haushalte auch - über die konkrete Verwendung des monatlich zur Verfügung stehenden Budgets eigenverantwortlich entscheiden. Dies gilt auch in Bezug auf die individuelle Entscheidung, in welcher Art, Form und in welchem Umfang der Bedarf an Ernährung gedeckt wird.
Der zeitliche Abstand von fünf Jahren erklärt sich daraus, dass es sich bei der EVS um die größte statistische Erhebung von Einkommen, Einkommensverwendung und Vermögen handelt – die größte nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Der damit verbundenen Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung der Befragungen und die sich daran anschließende Auswertung der Ergebnisse erstreckt sich über mehrere Jahre.